Christkindlmarkt unter Palmen

Fotocredit: Swiss Business Council Abu Dhabi
Es duftet nach Bratwurst, der Glühweingeruch lässt selbst meine Halal-Nase nicht kalt, es ist abends, um mich herum leuchtet es in verschiedenen Farben, lachende Kindergesichter sind überall, es jingeln auch alle Bells - ich kann nur am Christkindlmarkt sein! Doch trage ich keine wasserfesten Stiefel und Fäustlinge, sondern Flipflops und ein luftiges Kleid, der beschriebene Christkindlmarkt steht nämlich in Abu Dhabi. Wie das in der Wüste bloß möglich ist? Das erklärt Charoline Engel, die Geschäftsführerin vom Swiss Business Council Abu Dhabi - einer nonprofit Organisation, die Events für hauptsächlich für die Schweizer Community in Abu Dhabi organisiert:“Das ist das 15.Jubiläum unseres Weihnachtsmarkts, des Swiss Christmas Markets, der ganz bewusst „Christmas“ im Namen trägt – denn es ist kein „Wintermarkt“ und schon gar kein „Bazar“, sondern ein traditioneller Weihnachtsmarkt, wie wir ihn von Zuhause kennen. Manches ist sogar fast ein bisschen besser, der Glühwein zum Beispiel ist hausgemacht, das Essen authentisch, es werden von Jahr zu Jahr mehr BesucherInnen und wenn ich daran denke, dass wir vor fünfzehn Jahren mit fünfzehn AusstellerInnen angefangen haben und uns heute vor Anfragen gar nicht mehr retten können, dann erfüllt mich das mit Stolz. Die Arbeit wird wertgeschätzt und es vermittelt zu dieser wichtigen Jahreszeit, zu diesem wichtigsten Fest des Jahres, ein heimisches Gefühl.“
Auch ich hatte ein heimisches Gefühl, als die schweizerische Folklore-Band „Original Appenzeller Steichmusik Alder“ auf der Bühne stand und das Geschehen musikalisch begleitete. Meine Tochter hatte noch nie so viel Spaß Lebkuchen zu dekorieren, meinen Mann verlor ich am Würstelstand und ich war schlicht und ergreifend begeistert, von der Handarbeit der fünfzig AusstellerInnen, die den viertägigen Christkindlmarkt des Swiss Business Council Abu Dhabi heuer mit ihrer Arbeit ehrten:“Uns ist sehr wichtig, dass wir bei der Auswahl der AusstellerInnen darauf achten, nachhaltige, selbstgemachte Produkte zu unterstützen und auch die Multikulturalität ist uns wichtig. Es soll sich jeder hier willkommen fühlen, denn es sind auch alle willkommen und es kommen auch Menschen von überall her, um diese Festlichkeit zu genießen“, so Engel.
Und damit hat sie nicht Unrecht. Man hört hier auf den Straßen Englisch bis Deutsch, Spanisch, Arabisch einfach alles und es ist normal. Man wird nicht zwecks Blicken abgeschoben, wenn man in der Öffentlichkeit eine Sprache spricht, die nicht für alle verständlich ist, hier finden sich Communities wieder und machen ihre eigenen Feierlichkeiten und Events. Es ist vollkommen in Ordnung, dass ein Christkindlmarkt in einem mehrheitlich muslimischen Land gefeiert wird und am Strand liegt der Bikini problemlos neben dem Burkini. Ich musste alleine bei dem Gedanken lachen, denn würden MuslimInnen in Wien ein Ramadanfest mitten am Stephansplatz organisieren, da hätten wir einige besorgte Bürger, die ihre Angst um das geliebte Abendland kundtun würden. Auch Caroline lachte darüber:“Hier ist es ein wenig anders, der Anteil der Expats ist viel höher als der der Einheimischen und jedes Jahr gibt die Regierung ein neues Jahresmotto bekannt. Heuer ist es zum Beispiel das Jahr der „Toleranz“ und so leben wir hier auch alle miteinander. Man sieht Menschen aller Religionen, Nationalitäten und sie alle leben wunderbar und friedlich miteinander. Es lebt sich ein wenig unkomplizierter als im deutschsprachigen Raum, zumindest was diesen Punkt betrifft.“ Und es tut gut zu wissen, dass man in manchen Ländern nicht völlig auf seine eigenen Bräuche verzichten, oder aber sich für diese rechtfertigen muss. Als ich mit meinem von meiner Tochter dekoriertem Lebkuchen auf diesem Christkindlmarkt dastand, hinter mir eine riesige Palme, von der Weihnachtsdekoration herabhing und der Wind im Dezember eine sommerliche Brise an mich schickte, da vermisste ich etwas. Dahoam. Es ist meiner Meinung nach unentbehrlich, dass man im Ausland ein Stückchen Heimat findet und sollte es das dort nicht geben, dann sollte man es dort kreieren dürfen. Genau das wurde hier geschafft. Und es erinnert einen an Zuhause, was vor allem zur Weihnachtszeit ein schönes Gefühl ist. „Es ist der neue nahe Osten“, dachte ich mir in Samantha Jones´ Stimme und musste kurz auflachen. Übrigens ist das Jahresmotto der Regierung in den Vereinigten Arabischen Emiraten für 2020 „Women-Empowerment“. Es verspricht also spannend zu bleiben und ich komme sicher wieder, mein Wien trage ich ja immer im Herzen dabei - ganz egal wo ich bin.